Grand Mâitré-Prüfung am Grand Colombier
Der ein oder andere wird sich vielleicht noch daran erinnern, es ist der 13. September 2020, Tour de France Etappe 15 von Lyon zum Grand Colombier. Das Fahrerfeld wird angeführt vom schwarz-gelben Jumbo Visma Zug. Ich bin gefesselt von den wunderschönen Helikopterbildern und dem tollen Bergpanorama. Die Straße zum Grand Colombier windet sich wie eine Würgeschlange um diesen Berg und in der Abendsonne bestaune ich, wie der 80KG schwere Cyclecrosser Wout van Aert gerade gestandene Bergfahrer aus dem Leben tritt.
Man ist das schön hier, diesen Berg solltest du mal fahren, doch die idyllischen Bilder werden plötzlich unterbrochen:
Der TV Sender blendet plötzlich irgend so einen deutschen Michel ein, sein Name war glaube ich Max Mustermann. Er erzählt, er sei hier auch schon hoch gefahren, irgendwas von 7 Stunden und einem Club rund um diesen Grand Colombier. So wirklich wollen seine Worte nicht zu mir durchdringen, während ich mich am Etappensieg von Tadej Pogacar ergötze.
In den späteren Abendstunden, als das Laktat vom Zuschauen wieder etwas abgeklungen ist, kommt mir Max Mustermann wieder in den Kopf und meine Recherche über seine Erzählungen beginnt.
Zunächst sagt mir Google maps, dieser schöne Grand Colombier liegt gerade mal 4 Autostunden entfernt, eine durchaus greifbare Distanz für ein Wochenendtrip.
Mit etwas Sucherei stoße ich dann auch auf den besagten Club, der sich selbst Fêléts du Grand Colombier nennt. Um zu selbigen zu gehören, muss man sich der Herausforderung in Form der Großmeister Challenge des Grand Columbiers stellen.
Wer sich also zum Grand Mâitre (Großmeister) schlagen lassen will, muss den Grand Colombier bezwingen, 4mal in Folge über die 4 möglichen Straßen die hinauf führen.
Der Mensch braucht Ziele und für mich war nun klar, ich will dort hin und diese Challenge fahren. Noch am selbigen Tag wurde jedoch das Gebiet zum Risikogebiet erklärt und die Challenge rückte in den Hintergrund, aber nicht in Vergessenheit.
So befinde ich mich nun in der Planung für 2021, in der Hoffnung im Mai nach Frankreich zu können.
Derweilen spuckt mir Quäldich Folgendes aus:
von majortom – Schonmal vom Grand Colombier gehört?
Die Mehrheit der quaeldich-Mitglieder würden diese Frage wohl mit ‚Nein‘ beantworten. Und – zugegeben – einen 1525 m hohen Gipfel im südlichsten Teil des Jura muss man auch nicht unbedingt kennen. Es ist jedoch schade, denn als passioniertem Rennradfahrer entgeht einem dann einer der schönsten und wohl auch einer der härtesten Pässe, die unsere französischen Nachbarn zu bieten haben.
Der Grand Colombier liegt im Département Ain als höchster Punkt des sogenannten Haut-Bugey, also des Abschnitts des französischen Jura, der sich westlich der gerade aus dem Genfersee ausgetretenen Rhone befindet. Seinen unbewaldeten, kahlen Gipfel ziert ein gigantisches Kreuz, so dass er bereits von weitem auszumachen ist. Die Passhöhe des Col du Grand Colombier liegt in unmittelbarer Nähe, mit 1501 m Höhe nur knapp unterhalb des Gipfels. Von hier aus genießt man eine fantastische Aussicht hinab ins Rhonetal und zum Lac de Bourget. An klaren Tagen reicht der spektakuläre Ausblick in Richtung der Hochsavoyer Alpen bis zum Montblanc-Massiv.
Zu seinen etwa zwei Stunden Ruhm kam der Grand Colombier bei der Tour de France 2012, wo er auf der 10. Etappe von Mâcon nach Bellegarde-sur-Valserine von den Profis bezwunden wurde. Nach der Auffahrt zum Colombier von Culoz aus setzte das Peloton die Etappe fort über den Col de Richemond, um von dort ins Ziel nach Bellegarde abzufahren. Man hätte es den Profis allerdings noch schwerer machen können, wenn man sie stattdessen noch über den ebenfalls zur Kombination geeigneten Col de la Biche geschickt hätte.
Damit hat die Tour allerdings auch das ausgespart, was den Grand Colombier zur Legende macht: die mörderische, bis zu 20 % steile Rampe der Westauffahrt von Virieu-le-Petit, die wohl auch in den nahen Alpen ihresgleichen sucht. Sich selbst zur Legende machen kann man übrigens im exklusiven Club der Fêlés du Grand Colombier (deutsch: die Verrückten des Grand Colombier). Diese Vereinigung vergibt den Titel „Großmeister“ an alle Rennradler, die alle vier Auffahrten am selben Tag bezwingen.
Fazit: der Grand Colombier vereint hohen sportlichen Anspruch mit wunderschöner Landschaft – und braucht sich so keinesfalls hinter den bekannten hors catégorie-Pässen der nahen Savoyer Alpen zu verstecken.
Doch einfach hinfahren und losradeln ist nicht. Wer sich der Großmeisterchallange stellen will, packt 10€ in einen Umschlag und schickt diesen nach Frankreich. Zurück kommt dann eine Stempelkarte, die man im Tal bei der Poststelle vor dem Start abstempelt und am Bergrestaurant bei Ankunft wieder abstempelt. Das Ganze wird dann bei jeder Auffahrt wiederholt.
Mittlerweile sind meine Planungen recht fortgeschritten, der Termin ist geblockt, 10€ gingen nach Frankreich und die Stempelkarte ist auf dem Weg zu mir. Mittlerweile bin ich glücklicher Besitzer eines Wohnmobils und direkt 500m unter dem Berggipfel des Grand Colombiers ist ein Parkplatz. Dort werde ich nächtigen und mein Fahrerlager errichten, in welchem ich mich nach jeder Auffahrt verpflegen kann.
Schwarz ist meine Route die ich absolvieren muss: Rund 55 Kilometer Aufstieg mit 4300 Höhenmeter. Der Uphill von Culoz ist mit 18,3Km der Längste, während die Seite von Virieu mit 22% Steigung die Steilste ist. In welcher Reihenfolge ich fahre, ist noch nicht sicher.
Natürlich werde ich berichten, sobald ich die Challenge in Angriff nehme.
Happy ride
Euer Daniel