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Test & Tech Talk

Wolfpack Tires-Ein Wolf im Schafspelz!?

Er arbeitete bei Continental, Specialized und Schwalbe. Entwickelte den Black Chili Compound, die Gripton Mischung und sorgte mit Addix dafür, dass Reifen auch bei niedrigen Temperaturen funktionieren. Sein „Know How“ ist unbestritten, doch Wolfgang Arenz ist es nicht müde, sein Wissen und das Thema Reifen weiterhin voran zu treiben. Mit Wolfpack gründet er sein eigenes Reifen Label. Mit der Philosophie „in grip we trust“ verfolgt er eigene Ideen, die er bei den Global Playern so nie umsetzten konnte.

Es ist Dienstagmorgen, Wolfgang sitzt in Bangkok und tüftelt an der nächsten Gummimischung, parallel führen wir eine belebende Reifendiskussion via Whats app. Seine Ansichten decken sich nicht zwingend mit meinen. Nach einem weiteren, einstündigen Telefonat habe ich die Erkenntnis gewonnen, Wolfgang sieht viele Dinge anders und das ist gut so. Ein Abklatsch der bestehenden Reifen am Markt braucht eh keiner und auch wenn die Wolfpacks optisch den Schwalbe ähneln, sind sie doch etwas anders.

In den folgenden Zeilen versuche ich euch die Philosophie von Wolfgang näher zu bringen, ihr erfahrt warum tubeless sich im Road Bereich nicht durchsetzen wird, das Pro Team Astana die Reifen kaufen muss und Rollwiderstandsmessungen auf einer Metallrolle“ bullshit“ sind.

Viel Spaß beim Lesen.

BAP: Alle Hersteller forcieren das Thema tubeless im Roadbereich. Du selbst bietest zwar auch tubeless Reifen an, aber dein Platzhirsch soll der faltbare „Wolfpack  Cotton“ bleiben, den Du permanent weiterentwickelst und laut Deiner Aussage einer der schnellste Reifen am Markt ist.

Wolfgang Arenz:

Weißt du Daniel das Thema Roadreifen ist schnell erklärt. Willst du deine Reifen verkaufen braucht es zwei Dinge, ein geringes Gewicht auf der Küchenwaage und einen niedrigen Rollwiderstandswert auf einer Metallrolle. Dann wirst du Testsieger und deine Reifen werden gekauft. Mittlerweile werden wichtige Reifenattribute wie Pannenschutz und Grip geopfert, nur um den Reifen der Mitbewerber nochmals beim Rollwiderstandstest um 0,5 Watt zu unterbieten. Dauerhaltbarkeit und Grip werden meist nur subjektiv oder gar nicht beurteilt. Mit Dichtmilch soll der Rollwiderstand weiter sinken, aber will der Kunde diese Entwicklung überhaupt oder anders gesagt wird man dadurch schneller? Der Triathlet, der nur geradeaus fährt vielleicht, aber was ist mit dem Rest? Nachdem Gewichte und Rollwiderstand weitestgehend ausgereizt sind, habe ich mich dem Thema Grip und Pannenschutz gewidmet aus folgendem Grund: Mittlerweile kommen immer mehr Discbremsen auch im Profibereich zum Einsatz, mit den aktuellen Reifen kann dieser Vorteil aber kaum ausgespielt werden. Jetzt stelle man sich vor, man optimiert die schnellen Reifen in Sachen Grip, was ein deutlich späteres Bremsen, wie auch höhere Kurvengeschwindigkeiten erlaubt. Die Zeit wird in Anfahrten und Kurven gewonnen, wenn du später bremst und weniger beschleunigen musst, sparst du Kraft bzw. die Konkurrenz muss dies investieren um das Loch zu schließen. Je schlechter und nasser die Straßen, desto größer das Loch!

BAP: Sieht das der Profibereich auch so?

Wolfgang Arenz:

Alle wollen schnelle Reifen aber letzten Endes fahren sie gesponsertes Material teilweise mit zusätzlichen Sponsorengeldern.

BAP: Das ist bei Deinem Astana Team anders?

Wolfgang Arenz:

Ja, Astana folgt meinem Motto „in grip we trust“. Jedoch agiere ich aktuell als one man show und bin ein junges Label. Ich kann keine 30 Mann starke Mannschaft eine Saison lang sponsern. Astana verzichtet auf einen Sponsorenvertrag und kauft meine Reifen ganz regulär. Nach der Vuelta a Espana 2018 waren die Fahrer so begeistert, weil bei schlechten Wetter- und Straßenbedingungen die  Vorteile von besserem Pannenschutz und mehr Grip deutlich spürbar waren.

Astana auf Wolfpack Tires
*Quelle Wolfpack Tires Facebook

BAP: Okay, ich habe verstanden, dass man Deiner Meinung nach mit Grip und Pannenschutz schneller ist, als mit einem niedrigen Rollwiderstandswert auf dem Rollenprüfstand. Aber nochmal zurück zum Thema tubeless: alle Hersteller propagieren ihre neuen tubeless Reifen und Du tüftelst weiter an Deinem Cotton, eher Nostalgie?

Wolfgang Arenz:

Sind wir mal ehrlich, der Rennradfahrer ist doch etwas eitel. Schicke Carbonlaufräder, athletischer Körper, stylische Sonnenbrille und modische Radkleidung. Er möchte gleichermaßen schnell und stielsicher unterwegs sein, dabei gehört ein Abstecher durch die Fußgängerzone genauso dazu, wie mal ne Kaffeepause bei ner Tour. Möchte diese Person tatsächlich im Defektfall einen Reifen gefüllt mit Dichtmilch reparieren? Sich dabei einsauen, wenn er den Mantel von der Felge hebt und einen Schlauch in den dann verschmierten Reifen einziehen? Und so dann zur Kaffepause? Im schlimmsten Fall muss ihn Frauchen abholen, weil er das tubeless Ventil nicht mal demontiert bekommt. Nein das passt nicht in mein Bild vom klassischen Rennradfahrer. Ein schneller Reifen und im Defektfall ein leichter Latexschlauch eingezogen ist gleichermaßen schnell, unkompliziert und sauber.

BAP: Ich bin natürlich eher an Deinen MTB Reifen interessiert, aber auf einen weiteren 700g schweren Race Reifen hab ich jetzt nicht unbedingt gewartet.

Wolfgang Arenz:

Auch hier war der erste Ansatz, dem Reifen ein möglichst hohes Gripniveau zu spendieren, ich habe viel mit Stollendesign und Stollenhöhe experimentiert. Der beste Fahrer mit dem leichtesten Bike erzielt keine Bestzeit, wenn das einzige Verbindungselement zum Boden, der Reifen nicht funktioniert. Zudem ist das Gewicht auch der absolut dichten Karkasse, sowie dem Reifenwulst geschuldet. Der Reifen ist schon ohne Milch absolut dicht, somit reichen 40ml Dichtmilch völlig aus. Andere Reifen benötigen bis zu 100ml Dichtmilch was den leichteren  Reifen dann um 100g schwerer macht, was du dann beim Wolfpack mit 40g wiederum einsparst. Zudem kannst du sicher sein, dass du im Schadensfall tatsächlich Dichtmilch zur Verfügung hast und diese nicht ausgetrocknet oder durch die poröse Karkasse diffundiert ist. Selbst die ersten (zu schwer geratenen) Prototypen gingen an etliche Tester und trotz Übergewicht waren die Rundenzeiten auf entsprechender Strecke nicht langsamer. Aktuell habe ich das Stollendesign des Race nochmals optimiert, es kommt eine neue Form und der Reifen wird leichter. Gerade bin ich in Bangkok und optimiere die Gummimischung und du kannst dir sicher sein, ich weiß, dass sich was tun muss, damit diese noch schneller ist.

Hier endet mein Telefonat mit Wolfgang, seine Einstellung zum Thema Reifen finde ich erfrischend, der letzte Satz klang schon fast  wie eine Drohung 🙂

Voller Vorfreude auf den Test

Ich erhalte wenige Tage später ein Testpaket von Wolfgang. Die aktuelle Produktpalette umfasst 3 Mountainbike Modelle, den Race, den Cross und den Trail.

Aktuell habe ich den Cross und den Race montiert. Für nachhaltige Testfahrten passen die Witterungsbedingungen noch nicht. Allerdings kann ich schon etwas zur Montage und Spezifikation der Reifen schreiben:

Montage

Cross wie auch Race konnten problemlos von Hand ohne Reifenheber aufgezogen werden. Begünstigt wurde dies durch die Temperaturverhältnisse der Reifen (Raumtemperatur 20 Grad) und Laufräder (Außentemperatur.4 Grad). Werde ich dann im Frühjahr nochmals testen.

Tubeless Funktion

Tatsächlich waren beide Modelle schon ohne Dichtmilch dicht und waren nach Befüllen mit 40ml Dichtmilch sofort fahrbereit.

Spezifikation & Messwerte

RACE MTB

  • 29x 2.2″
  • Maximaldruck 4 bar
  • tubeless ready: yes
  • Gewicht: keine Angabe da Vorserie
  • ToGuard Compound
  • Karkassenbreite gemessen bei 2 Bar                        58,0mm
  • Reifenhöhe gemessen                                              55mm
  • Stollenhöhe Mittelstollen                                          >3mm
  • Stollenhöhe Seitenstollen                                          >4,5mm
  • Preis                                                                           39.99 €
Den Race teste ich am Hinterrad
Das Profil des Race

CROSS

  • 29×2.25″
  • Maximaldruck 4 bar
  • tubeless ready: yes
  • Gewicht gewogen                                                         692g
  • ToGuard Compound
  • Karkassenbreite gemessen bei 2 Bar                            57,2mm
  • Reifenhöhe gemessen                                                  55mm
  • Stollenhöhe Mittelstollen                                             >3mm
  • Stollenhöhe Seitenstollen                                             >4,5mm
  • Preis                                                                              39.99 €
Den Cross teste ich zunächst am Vorderrad
Eine Ahnlichkeit zum Rocket Ron besteht

 

Mit den gemessenen Reifenbreiten trifft Wolfpack ziemlich genau seine Angaben, auf einer Newmenfelge mit 25mm Maulweite trifft der Crossgenau die Breite, während der Race gut 2 mm breiter baut. In Kombination mit der Bauhöhe von 55mm entsteht ein tolles Volumen, womit ich beiden Reifen tolle Komfort- und Dämpfungseigenschaften prognostiziere. Während die Montage total problemlos und unauffällig vonstattengeht, schenke ich dem Stollendesign wesentlich mehr Beachtung. Hier scheint man das ausgegeben Motto wirklich ernst zu meinen, mit Mittelstollen bis zu 3,5 mm hoch und Seitenstollen über 4,5mm, ist das „in grip we trust“ wirklich eine Aussage. Auch wenn ich ungern mit andern Produkten vergleiche, hier sind ein paar Messwerte um ein Gefühl dafür zu bekommen.

Hersteller Modell Höhe Seitenstollen Höhe Mittelstollen
Continental Race King 2,5 2,5
Schwalbe Rocket Ron 4,2 2,4
Specialized Fast Trak 3,1 2,5
Maxxis Icon 3,8 2,3
Wolfpack Cross 4,6 3,4
Wolfpack Race 4,5 3,2
Die Philosophie auf den Punkt gebracht

Soweit zur Philosophie hinter Wolfpack und der Spezifikation der Reifen. Es stehen die ersten Testfahrten an, denn die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Trail. Wie sich die beiden Modelle schlagen erfahrt ihr zu einem späteren Zeitpunkt im zweiten Beitrag zu diesen Wolfpack Tires.

 

Happy ride

Euer

Daniel