KC Rigid Carbon Fork
Der Herbst ist für mich die schönste Zeit im Jahr. Wenn sich der Wald bunt färbt, das Laub die Trails bedeckt und man kurz vor Sonnenuntergang, bei tiefstehender Sonne den letzten Trail des Tages hinab gleitet, um sich dann leicht durchgefroren bei ner warmen Tasse Kaffee aufzuwärmen, blüht mein Herz. Frei von jeglichem Trainings- und Rennprogramm, die Saison auf schönen Herbsttrails ausklingen zu lassen, erfreut mich Jahr für Jahr. Und wie jedes Jahr, stoße ich auf dasselbe Problem: „Hoppla, wann ist mir eigentlich meine Fahrtechnik abhanden gekommen?“
Ich stehe vor einer technischen Passage, vor der Saison schon mehrfach gefahren und nun frage ich mich, soll ich da nochmal runter? In dem Moment, wenn man anhält und drüber nachdenkt, ist es eh schon zu spät. Frustriert umfahre ich diese Passage mit der Erkenntnis: „Junge, du warst schon mal besser drauf“.
Es ist ja nicht so, als würde Andrea mir nicht regelmäßig Fahrtspiele im Trainingsplan verordnen, es ist auch nicht so, als hätte ich kein Balanceboard um meine Sinne zu schärfen. Doch obwohl ich viermal pro Woche aufm Rad sitze, wird meine Fahrtechnik im Laufe der Saison immer schlechter. Begünstigt wird das Ganze noch dadurch, dass ich im Training immer Kilometer oder Intervalle schruppen möchte, mal 15 Minuten lang nen Pumptrack zu umrunden ist da fast Zeitverschwendung. Hinzu kommt, dass man für die deutschen Marathonrennen kaum technische Skills besitzen muss. Die Saison ist geprägt von Waldautobahnrennen und wenn ich sehe, wie manch ein Top 50 Fahrer schon mit nassen Bedingungen überfordert ist, würde ich als Veranstalter meine Strecken genau so planen. Das soll gar keine Kritik an den deutschen Rennen sein, schließlich entscheide ich selbst wo ich starte, aber das dies nicht zum Erhalt der Fahrtechnik beiträgt, ist jedem klar. Auch die Tatsache, dass Sabine Spitz im Jahr 2015 quasi starr zum Star der Marathon WM in Singen wurde, unterstreicht meine Haltung zum technischen Anspruch vieler Rennen.
Ich selbst fühl mich nun gefordert mir wieder etwas mehr Zeit für meine Fahrtechnik zu nehmen, dabei bedeutet Fahrtechnik bei mir nicht, einfach stumpfsinnig über jedes erdenkliche Hindernis zu räubern, sondern mit entsprechender Agilität und aktiver Linienwahl gleichermaßen materialschonend und mit viel Flow über die Trails zu surfen. Ein probates Mittel um sich das anzueignen ist die Verwendung einer Starrgabel im Bike, wobei an dieser Stelle gesagt sei, Fahrtechniklegastheniker sollten wohl lieber ein Fahrtechniktraining bei Andrea Potratz besuchen. Wer ähnliche Ansatzpunkte wie ich verfolgt, wird mit der Verwendung einer Starrgabel gleichermaßen Spaß und Erfolg haben.
Doch wie schult eine Starrgabel die Fahrtechnik?
Das Schöne ist, eine Starrgabel ist selbsterklärend 🙂 Wer nämlich bocksteif auf dem Bike sitzt und über jedes Hindernis rumpelt wird nämlich sogar keinen Spaß haben. Es dauert genau einen Trail lang, bis schmerzende Arme und das permanente Durchschütteln für eine aktivere Fahrweise sorgen. Plötzlich fängt man an sich wieder auf dem Rad zu bewegen, das Auge richtete sich konzentriert auf den Trail, man sucht obligatorisch die smoothere Linie, durch aktive Körperspannung beginnt man das Vorderrad vor Hindernissen anzuheben und beim Überfahren das Hinterrad zu entlasten. Es ist wirklich erstaunlich wie intuitiv und schnell man plötzlich agiert, wenn man jeden Stoß ungefiltert in die Knochen bekommt. Auch das Spiel mit der Geschwindigkeit wird deutlich intensiver, man kann viele Passagen nun nicht mehr ungebremst bewältigen, dies sorgt aber keinesfalls für den Verlust des Fahrspaßes. Warum macht’s uns denn so viel Spaß auf den Trails? Die Linie suchen, mit dem Körper agieren, um Kurven zirkeln, Hindernisse bewältigen und mit dem Tempo spielen. Zwar kostet die Starrgabel hier und da etwas Speed, dafür intensiviert sie dieses Erlebnis umso mehr.
Doch das Nutzen einer Starrgabel hat sogar noch weitere Vorteile. Gerade die Bedingungen im Winter mit Kälte, Feuchtigkeit, eventuell Salz setzen dem Material besonders zu, gerade Dichtungen und Gleitflächen der teuren Federgabel sind besonders betroffen. Zudem sorgen kältere Temperaturen ohnehin für zähes Ansprechverhalten bei Federelementen.
Deshalb gibt es 4 Gründe um starr zu fahren
1.Arbeite spielerisch an deiner Fahrtechnik.
2.Schone deine teure Federgabel.
3.Sei klug und schicke deine Gabel zum Service, dein Bike ist ja nach wie vor einsatzbereit. Profitiere von der besseren Federperformance im Frühjahr, ne längere Servicezeit juckt dich gar nicht.
4.Mit entsprechender Bereifung mutiert dein MTB nun zum Straßenrenner, wahre Beschleunigungsorgien dank 1KG Gewichtsersparnis sind gewiss. Ein Rennrad fürs Grundlagentraining brauchst du nicht mehr.
Jetzt wo ihr also mein Motiv kennt, muss natürlich ein neuer Testproband her. Für diesen Winter hab ich mich für die KC Rigid Carbon Fork entschieden.
Spezifikation
Einbauhöhhe: 480mm
Discstandart: PM160-180m
Gabelschaft: Tapered Carbonschaft 300mm
Achsstandard: 15x100mm
Reifenfreiheit: 29×2,6” / 27,5×3,0”
Werkstoff: T800 Carbon
Oberflächenfinish: 3K oder UD jeweils in Matt oder Glanz
Gewicht: 550g ungekürzt
Preis: 299€ inkl. Gabelexpander, Topcap und 15mm Schnellspannachse
In der Hand
Schon beim Auspacken überzeugt das Leichtgewicht mit ihrer eigenwilligen Optik. Auffällig ist die im Querschnitt dreieckige Bauform. Dadurch erhält die KC Rigid Carbon Fork ein spezielles, aggressives Erscheinungsbild, mir gefällt’s. Richtig genial finde ich jedoch das Oberflächenfinish. Ich selbst habe einen der ersten Prototypen, hier sind gleichermaßen beide verfügbaren Oberflächenvarianten in einer Gabel vereint. Während im oberen Teil der Gabel eine matte 3K Struktur sichtbar ist, geht diese im unteren Teil in ein UD Finish über. Sowas hab ich bisher nur bei Felgen gesehen, steht der Gabel aber sehr gut.
Montage
Der mitgelieferte Konusring ist schon montiert, somit gilt es nur noch den Gabelschaft zu kürzen und die KC Rigid Carbon Fork einzubauen. Beim Kürzen des Carbonschaftes gilt es, aber einiges zu berücksichtigen. Der Schaft ist entweder mit einer Säge oder einer Trennscheibe zu kürzen. Trennwerkzeug wie Rohrschneider die hohe (stumpfe) Kräfte ins Carbon einleiten, sind hier nicht zu empfehlen. Beim Zerspanen von Carbon zwingend eine Staubmaske tragen (Carbonstaub=krebserregend). Eine handelsübliche Federgabel mit 100mm Federweg besitzt eine Einbauhöhe von ca. 510mm, zieht man davon ca. 15-20mm Negativfederweg (SAG) ab, ergibt sich eine belastete Einbauhöhe von 490-495mm. Da die Einbauhöhe der KC Rigid Carbon Fork nur 480mm beträgt, gibt es nun zwei Optionen.
1.Entweder man lässt den Gabelschaft 10-15mm länger und montiert einen zusätzlichen Spacer mit identischem Maß.
2.Oder man fährt nun ein um 10-15mm tieferes Cockpit, was meinen oben aufgeführten Grund 4 unterstreicht.
Gabelexpander montiert und Gabel in den Rahmengesteckt. Vorbau und Bremsen festgezogen und los geht’s. Federsetup gilt es keins zu finden, ich selbst hab meiner KC Rigid Carbon Fork gleich noch eine Schraubachse spendiert, um nochmals 50g zu sparen.
Auf dem Trail
Der Einsatz eine Starrgabel im MTB ist mir nicht fremd, trotzdem ist es immer wieder eine Überraschung, wie sich das Verhalten des Bikes verändert. Die Steife Gabel sorgt für ein unglaublich direktes Handling. Die gut 1Kg Gewichtsersparnis in Kombination mit dem nun tieferen Cockpit, sorgen schon mit der ersten Kurbelumdrehung für einen unglaublichen Vorwärtsdrang. Bei jedem Ortsschild und jeder Kuppe muss ein Sprint her und die gestiegene Kletterfreudigkeit des Bikes drückt mir ein fettes Grinsen ins Gesicht. Im ersten Trail kommt dann die (oben erwähnte) Ernüchterung, folglich reduziere ich meinen Speed, gehe plötzlich wesentlich aktiver und konzentrierter zu Werke, mit jedem weiteren Trail steigt jedoch der Fahrspaß. Ich komme total geflashed von meiner Herbstrunde, voller Vorfreude auf den Winter mit meinem Starrbike. Wie sich die Gabel dauerhaft schlägt werden die kommenden Wintermonate zeigen. Ich werde dann im Frühjahr nochmals berichten…
Happy ride
Daniel