Laktattest

Herzlich willkommen zu unserem ersten Blogbeitrag bei becomeapro. In diesem Beitrag wollen wir uns dem Thema Leistungsdiagnostik widmen und uns auch die Frage stellen, wieviel Sinn macht das Ganze auf „Hobbyniveau“ - aber dazu später mehr.

 

Mir selbst ist das Thema Leistungsdiagnostik nicht unbekannt, aber dies wird mein erster Laktattest mit zusätzlicher Spiroergometrie und auch mein erster Aufenthalt am Teamstandort Lindau unter Betreuung von Andrea Potratz. Bei der Spiroergometrie werden zusätzlich zum Laktat über eine Atemmaske die Atemgase gemessen, was wiederum Aufschluss über Fett- und Kohlenhydratverbrennung bringen soll.

 

Nach meiner Ankunft und einer herzlichen Begrüßung geht’s dann gleich zur Sache. In einem Vorgespräch stimmt man mich auf das anstehende Geschehnis ein: Wohlbefinden, Vorbelastung, Körpergewicht sowie Ernährungsgewohnheiten werden akribisch notiert, bevor ich mich in mein Raddress schwinge. Danach folgt eine Körperfettmessung, was ich zugegebenermaßen echt unfair finde zum jetzigen Saisonzeitpunkt. Im Anschluss wird mein Bike für den Test vorbereitet. Mich bei diesem Test auf meinem gewohnten Bike auspowern zu können, stößt bei mir auf große Begeisterung - bisherige Tests musste ich immer auf ungewohnten Testmaschinen absolvieren. Ob das die Leistung verbessert, ist fraglich, das Wohlbefinden aber definitiv.

Schnell bin ich aufgesattelt und die 50 Watt zu Testbeginn gleichen einem Warmfahren. Andrea schmiert mir nun eine durchblutungsfördernde Salbe auf ein Ohrläppchen meiner Wahl. Dieses wird später zur Blutgewinnung herhalten müssen.

Nun bekomme ich noch den Maulkorb verpasst (hat Andrea etwa Angst, ich beiße sie)? Nein, über die Atemgase können hierdurch die Funktionen des Stoffwechsels genauer bestimmt werden, um im Nachgang mit einem Ernährungsprotokoll das Training optimieren zu können. Zu diesem Zeitpunkt befürchte ich das Schlimmste - das war’s wohl mit Zuckerbrödli und Linzertorte für dieses Jahr. Noch gemütlich bei 100 Watt strample ich dahin, ein bisschen Smalltalk und den Ventilator schon präventiv auf „Max“ gestellt (aus Erfahrung tropfe ich bei sowas wie ein alter Kieslaster), alles noch entspannt.

 

Nun steigt die Belastung alle 3 Minuten um 20 Watt, während Andrea im selben Takt mein Ohrläppchen vergewaltigt. Die ersten Steigerungen gehen mir noch recht locker von der Hand bzw. von den Beinen doch ab 200 Watt hat der Spaß ein Loch. Nun ist Konzentration gefragt, schließlich ist der Test erst zu Ende, wenn ich am Ende bin. Mit zunehmenden Wattzahlen zeigt mein Körper auch immer mehr Belastungsanzeichen - ich transpiriere, Stufe „Max“ reicht schon jetzt nicht mehr, der Oberkörper wird unruhig, die Trittfrequenz beginnt zu sinken. So langsam wird deutlich, das wird heute noch weh tun. Andrea war mittlerweile schon wieder mehrfach an meinem Ohr zugange, akribisch und auf die Sekunde genau, als würde sie 7 Stunden am Tag nichts lieber tun, als Ohrläppchen zu quälen.

Nach gefühlt drölfzighundert Minuten und bei 300 Watt bin ich im roten Bereich, wohl wissend, dass nun der tiefrote kommt. Andrea ist auch schon wieder in Aktion, kurz vor dem Verlust der Muttersprache hechle ich ihr noch zu: „Wenn das Ohr leer ist, nimm einfach das andere“. Jetzt heißt es nochmal beißen. Bei der nächsten Steigerung liefert sich mein Ohrläppchen einen heftigen Dialog mit meinen Oberschenkeln darüber, wer wohl gerade mehr brennt. Ich versuche die anstehende Wattzahl noch zu Ende zu treten, wohl wissend, dass ich eine weitere Erhöhung nicht packe. Drei Minuten können so verdammt lang sein, ich pfeife aus allen Löchern, die Rhodosplatte beim Griechen hätte ich mir wohl sparen sollen, mit der Maske höre ich mich beim Atmen zwischenzeitlich an wie Darth Vader. Ob die Macht mit mir ist, wird sich bei der Auswertung kommende Woche zeigen.

Nach weiteren 2 Minuten ist das Elend vorbei, ich sacke auf dem Lenker zusammen, keine Kurbelumdrehung mach ich mehr, ich ringe nach Luft und 5 weiteren Ventilatoren. Andrea, die geborene Sadistin (entschuldige an dieser Stelle) ist schon längst wieder am Ohr, um sicher zu gehen, dass auch der letzte Tropfen Blut fachmännisch entfernt wurde.

 

Nun heißt es noch ausrollen und Restlaktat messen. Nachdem ich zumindest schon wieder auf einem Auge sehen kann, schwinge ich meinen Kadaver vom Rad Richtung Dusche, meine Beine zappeln weiter, als wäre ich im Finale von Let´s dance. Mit der kühlenden Dusche scheint auch wieder der Sauerstoff in die Gehirnregionen vorzudringen. Es stellt sich ein euphorisches Gefühl ein, Zufriedenheit darüber, alles gegeben zu haben und mit dieser Leistung die Grundlage fürs kommende Training und somit auch für die Rennsaison 2017 geschaffen zu haben. Und auch Andrea ist plötzlich wieder eine „Gute“, verfolgt sie mit ihrer Arbeit doch dasselbe Ziel wie ich, mich schneller zu machen.

Und das ist genau der Punkt, wo dieser zugegebenermaßen äußerst theatralische Beitrag ansetzen soll. Viele Hobbyfahrer wie ich verfolgen sportlich gesehen sehr ehrgeizige, wenn auch persönliche Ziele. Mit wenigen Trainingseinheiten möchte man doch so viel Leistung wie möglich erbringen, die angestrebten Ziele stehen aber oft im Konflikt zu den Trainingsumfängen, die man leisten kann. Dabei ist es oft weniger der eigene Wille, sondern eher die Herausforderung, sich neben Beruf, Familie und anderen Verpflichtungen entsprechend auf das Training fokussieren zu können.

 

Nun ist es ein Leichtes zusagen: „Ja, wenn mein Training sowieso ein Kompromiss ist und ich mich nicht in vollem Umfang darauf konzentrieren kann, macht der nächste Schritt zu solch „professionellen“ Methoden gar keinen Sinn.“

 

Ich sage: „Doch, genau deswegen!“

 

 

Auch ich habe 3 bis 4 Trainingstage in der Woche mit insgesamt gerade mal 6 bis 9 Stunden Umfang zur Verfügung. Diese müssen trotz toller Unterstützung meine Familie (liebsten Dank an Pamela, Soe, May und Mayla) in unseren Alltag integriert werden. Dabei werden die Umfänge aber eher gekürzt statt erhöht, Trainingslager abseits der Familie sind erst gar kein Thema.

 

Was nun aber tun, wenn man mit dem Gedanke spielt, ein Langstreckenrennen zu fahren, mal ein 12- Stunden Solo oder mal ein 24-Stunden Rennen im Team?

Möglich wird das nur durch ein intelligentes Training. Die wenigen Trainingseinheiten, die mir bleiben, müssen effizient und auf meine Bedürfnisse optimiert sein und mit einer langfristigen Planung auf ein gewisses Saisonziel hinarbeiten. Ich kann es mir nicht leisten, die wenigen Einheiten falsch zu gestalten. Möglicherweise bin ich dann zum Rennen nicht fit genug, also falsch vorbereitet, oder ich trainiere womöglich zu intensiv und riskiere es, krank zu werden oder nicht über die Rennsaison zu kommen.

 

Die Trainingseinheiten müssen einfach sitzen!

 

Nur mit den Erkenntnissen aus solch einem Test lassen sich die Trainingsbereiche sinnvoll festlegen und ein Training mit entsprechender Qualität gestalten. Ein erneuter Test im Frühjahr soll auch die erzielten Verbesserungen aufzeigen und die Grundlage für eine weitere Trainingsoptimierung sein. Denn reines Körpergefühl ist zwar wichtig, reicht aber nicht unbedingt aus, um einen Leistungsfortschritt feststellen zu können.

Dabei sind der zeitliche Aufwand und die Kosten für solch einen Test eher gering, bedenkt man, dass das Training für eine ganze Saison auf dem Bike davon profitieren wird.

 

Auf die Erkenntnisse aus diesem Test werde ich in den kommenden Beiträgen nochmals näher eingehen. Ich hoffe, ich konnte mit meiner Schilderung und meiner Betrachtungsweise den einen oder anderen Hobbyfahrer dazu ermutigen, einfach mal solch einen Test zu machen. Solltet ihr Fragen zu diesem Thema haben oder weitere Informationen benötigen, wendet euch an einen der toMotion-Standorte oder direkt an Andrea Potratz.

 

Für mich steht jedenfalls fest, der Leistungstest ist die wichtigste Einheit des Jahres!

 

Happy ride,

 

Euer Daniel

 

Copyright @ All Rights Reserved