Für die Dinosaurier

Für die Dinosaurier, oder Rennauftakt am Eggberg...

 

Der Winter erschien mir ewig, dabei weiß ich nicht mal warum. Vielleicht weil ich schon im Oktober mit der Vorbereitung auf 2017 startete, vielleicht auch, weil es im Winter schon so viele Ziele zu erreichen gab: die Umstellung der Ernährung im November und Dezember, danach die Reduktion des Körperfetts und dann natürlich der Leistungstest im Februar. Alles Dinge, auf die ich mich fokussiert habe, doch was kam danach? Nicht viel außer einem guten Gefühl im Training. Es gab Jahre, da war mir ein Saisonauftakt im April noch viel zu früh, doch nun konnte ich ihn kaum erwarten... bis zu jenem Tag vor 2 Wochen. Denn dass ich diesen Blogbeitrag noch schreibe, grenzt an ein Wunder.

Mit einem guten Körpergefühl kam ich aus dem Februar, motiviert, an meiner Form für die anstehende Sabine Spitz Trophy zu feilen. Doch dann überrannte ES mich wie die Krieger aus selbigem Film "300". Ohne Vorwarnung fiel ES über mich her. Was schon zum Aussterben der Dinosaurier führte, versuchte nun auch mich zu Strecke zu bringen. Ich dachte zunächst an eine Erkältung oder an eine Allergie, die mir die Atemwege zuschnürte. Aber es war er, "DER MÄNNERSCHNUPFEN" versuchte mich nun zwei Wochen vor Rennbeginn nieder zu ringen. Der Rachen entzündet, die Atemwege zu und das tolle Körpergefühl gänzlich verschwunden. Bei Trainingsstart, der Puls nun 10 Schläge höher, dafür konnte ich mich am Berg nicht mehr ausbelasten. Beim Kampf gegen den Männerschnupfen verlor ich sogar meinen Trainingsgefährten Manuel Pfister. Er wurde eine Woche vor Start niedergerungen, ich selbst kämpfte immer noch mit dem Parasit in mir um einen möglichen Rennstart. Das Trainingsgefühl wurde auch in der letzten Woche vor dem Rennen nicht besser und es kam noch schlimmer. Vier Tage vor dem Rennen gab's nämlich die Freigabe fürs Carboloading. Dies bedeutete für mich, seit Oktober 2016, erstmals wieder Milchreis, Pasta und Kartoffeln. Das Ganze ist aber total ungeil, wenn man nix schmeckt. An dieser Stelle will ich auch noch kurz aufklären: jeder Mensch hat fünf Sinne, außer wir Alemannen. Wir haben nur vier, denn wenn es irgendwo stinkt, sagen wir "do schmeckts komisch". Diese Info ist wichtig und soll nochmals die Dramaturgie der letzten Zeilen unterstreichen.

Es ist ein Tag vor Rennstart, mit Umckaloabo und Lorano versuche ich immer noch, dem Männerschnupfen Einhält zu gebieten. Da ich die Allergie nicht ganz ausschließen möchte, wird die Apotheke zu meinem besten Freund. Mein Schweiß schmeckt mittlerweile nach Meditonsin (da sind sie wieder, die vier Sinne) ich bin zum Inbegriff der Homöopathie mutiert. Noch eine Nacht schlafen und dann wurde es Zeit, die finale Entscheidung zu treffen.

 

Ich möchte nun euch Leser bitten, eine gefestigte Sitz- oder Stehposition einzunehmen. Denn was nun kommt, braucht Nerven wie Drahtseile und ist zwischen absolutem Irrsinn und Größenwahn nicht mehr zu differenzieren. Während andere Männer in diesem Stadium noch versuchen, dem Tod von der Schippe zu springen, habe ich die Entscheidung getroffen. Ich werde mit Männerschnupfen heute an den Start gehen! Ich kann die Erschütterung und Fassungslosigkeit meiner Blogleser förmlich spüren. Der eine kopfschüttelnd, die Hände über demselbigen zusammenschlagend, der Nächste mit Schnappatmung nach dem Inhalator suchend, eine Dritte den Tränen nahe und ein Vierter wutentbrannt das Tablett gegen die Stirn hämmernd. Ich weiß, diese Aktion gleicht einem Himmelfahrtskommando, aber ich will mich erklären. Zunächst will ich euch aber erst einige Leerzeilen Zeit zur Beruhigung geben.

Leerzeile 1

Leerzeile 2

Leerzeile 3

 

Hätte der Männerschnupfen mich gänzlich niedergestreckt, wäre die Entscheidung eine schnelle und einfache gewesen. Mit meiner Befindlichkeit kam ich aber zu dem Schluss, es zumindest zu versuchen, notfalls auch aus dem Rennen raus zu gehen. Ich habe so viel Unterstützung erhalten und wollte es versuchen. Für meine Familie, für Andrea, für meine Teammates und für Manuel, der selbst nicht starten konnte und allen voran natürlich für die Dinosaurier. So kam es also, dass ich am Samstag im Startblock zum Eggberg Marathon der Sabine Spitz Trophy stand. Die Strecke ist schnell erklärt: 24 km und 750 hm gilt es wahlweise ein- oder zweimal zu befahren. Gefühlt geht es hier mehr hoch als runter. Durch eine Streckenänderung geht's dieses Jahr noch mehr "nur" hoch. Schnelle, verwinkelte Abfahrten und fehlende Flachstücke bieten kaum Zeit zur Erholung oder zur Verpflegung. Flowige Trailstücke sorgen zusätzlich für mächtig Fahrspaß. Theoretisch ein schöner Marathon, praktisch jedoch nicht das, was ich im April als smoothen Saisoneinstieg bezeichnen würde. Interessant ist auch die Tatsache, dass man schon im Berg startet, also auf dem kleinen Kettenblatt, sofern man in Zeiten des 1-fach-Antriebs selbiges noch besitzt.

So fiel also pünktlich um 13:30Uhr der Startschuss zu meinem ersten Rennen, mit identischem Rennverlauf zu meinen drei Teilnahmen zuvor, zumindest fast. Beim Start in den Berg sorgt der selektive erste lange Anstieg dafür, dass man sich entweder verbläst oder man ganz schnell seinen Rhythmus findet. Beides sorgt mit gleichem Effekt dafür, dass das überschaubare Teilnehmerfeld schnell zerpflückt wird. Die Tatsache, dass man den Kontrahenten nicht ansieht, ob sie auf einer oder zwei Runden unterwegs sind, sorgt für zahlreiche Einzelkämpfer, die eben "ihr" Tempo fahren. Hinzu kommen die verwinkelten Abfahrten und die Trailstücke - nein, in diesem Rennen kann und will man nicht in einer Gruppe fahren. Auch ich war nach den ersten 30 Minuten auf mich alleine gestellt, noch Fahrer in Sichtweite langsam davonziehend, hinter mir niemand, der näher kam. Nach 1:09 h ging ich auf meine zweite Runde und hier gab's nun einen kleinen, aber feinen Unterschied zu den Jahren zuvor. Entweder man hatte in der ersten Runde zu viel investiert und wurde dann auf der zweiten Runde von den cleveren bzw. stärkeren Fahrer aufgefahren, oder man war selbst der Jäger. Bei meinen letzten drei Teilnahmen war ersteres der Fall, doch dieses Jahr war ich plötzlich selbst der Jäger. Vier Fahrer konnte ich in meiner 2. Runde noch erlegen, plus einen weiteren im Zielsprint niederringen.

In Zahlen bedeutet dieser kleine Unterschied, dass ich bei nahezu identischer Siegerzeit statt 31 Minuten plötzlich nur noch 26 Minuten Rückstand auf den Sieger hatte. Diese Tatsache spülte mich dann sogar in die Top 10 der Masters1 Klasse und bedeutet zugleich die erste Top 10 Platzierung für mich bei diesem Rennen. Natürlich ist immer ein bissen Wehmut dabei, wenn einem der Körper nicht ganz so will wie man selbst. Mit einem 10. Platz feiere ich dann aber doch einen versöhnlichen Einstand, der die tolle Teamleistung dieses Wochenendes abrundet. Jetzt heißt es gesund zu werden und dann bei der Schönbuch Trophy mit einem besseren Körpergefühl anzutreten. Ich bedanke mich beim Team und den Betreuern vor Ort und bin mir sicher, die Dinosaurier wären stolz auf mich.

 

Weitere Ergebnisse findet ihr auf http://www.tomotion-racing.de/

 

Happy ride,

 

Euer Daniel

 

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