Eine weltmeisterliches shit happens

Ein weltmeisterliches „shit happens“

 

Mit der Marathon WM in Singen sollte meine erste Saisonhälfte zu Ende gehen. Das Event, mit der Austragung der Marathon Weltmeisterschaft, sollte durch die vielen Topfahrer ein echtes Highlight werden, weshalb Pamela und ich schon samstags anreisten. Etwas in die Rennszene schnuppern, mit Andreas „Vittoria“ Barth etwas Sponsorenpflege betreiben und sich auf den morgigen Renntag einstimmen, so unser Plan. Wie die italienische und auch türkische Nationalmannschaft gastierten wir im Hotel Löwen, ca. 3 km vom Startort entfernt. Im dazugehörigen Biergarten füllten wir Samstagabends unsere Flüssigkeitsspeicher, denn der Renntag sollte heiß und wie immer windig werden.

 

Sonntag, 7 Uhr, Pamela und ich beim Frühstück.

 

Das Highlight beginnt mit dem Frühstück der Italiener. Jeder kommt mit seinem eigenen Turnbeutel, gefüllt mit Biohonig, Reiswaffeln und Sojamilch. Jeder Fahrer hat so sein Geheimrezept, der eine setzt auf Haferflocken mit Wasser, die andere auf Reis mit Olivenöl. „Wenn ihr so fahrt, wie ihr fresst, seid ihr chancenlos!“ ist der Gedanke, den ich mir gerade so noch auf dem Weg zum Buffet verkneifen kann. Immer beim Thema Buffet gerate ich in Blutrausch. Voll im Laktat, bin ich auf der Suche nach dem „break even point“ also dem Punkt, an dem der Wirt nix mehr an mir verdient. Auch diese Runde ging eindeutig an mich, was mir mein Bauch mit Magengrummeln bestätigt.

 

Nachdem also der erste Kraftakt des Tages getätigt war, wurde die toMotion Kampfrüstung angelegt und die 3 km Distanz zum Startort gleich zum Einfahren genutzt. Im Startbereich angekommen, wurde meine Frau zum Edelwasserträger umfunktioniert und mit Flaschen von Mark, Norbert und mir bestückt. Lieben Dank an der Stelle, das hast du klasse gemacht!

10.30 Uhr fällt dann der Startschuss zur Marathonstrecke mit 80 km und 2000 hm. Die Profis sind schon seit gut 10 Minuten unterwegs. Die Regenschauer haben sich verzogen, die Sonne macht sich breit, feuchte Luft gepaart mit heftigen Windböen machen die Strecke wie jedes Jahr zum Kampf. Ich selbst möchte mich im Vergleich zum Vorjahr verbessern und fahre konstant mit Zug nach vorne. Doch irgendwie sind meine Beine heute nicht auf 80 km präpariert.

Zwar absolviere ich die erste Runde nach 2.04 Std. gut 4 Minuten schneller als im Vorjahr, aber schon bei der ersten Passage zum Plören fangen meine Beine an zu krampfen. Mittlerweile meldet sich allerdings mein Magen, übelste Bauchkrämpfe quälen mich und es sind noch 30 km zu fahren. Essen und Trinken geht gar nicht mehr, meine Beine und mein Magen tanzen ein Duett der Krämpfe, für mich gilt es nur noch Kette links und irgendwie heim kurbeln. Gut 10 km sterbe ich alleine im Wind, vor mir keine Gruppe, hinten auch nix zu sehen. Dann kommt ein Schwall von Fahrern, zusammengesetzt aus WM-Fahrern und Marathonteilnehmern. Ich selbst hab nichts mehr, was ich zusetzen könnte, ich kann nicht mal den Windschatten genießen, lasse alle kampflos ziehen. Es ist Kilometer 65, noch gut 15 zu fahren und der Plören kommt auch noch. Ich selbst bin nicht mehr Herr über Bauch und Beine, ich geh vom Bike und such mir ein stilles Örtchen, um nun endgültig alles aus mir raus zu holen. Danach sind die Schmerzen nicht mehr akut, aber immer noch dauerpräsent. Ich kurble stupide vor mir hin, überlege, ob ich nicht wieder mit Modellbau anfangen sollte oder ich mach nen Häkelkurs, um mit Pamela das beste Synchronhäkelteam in Deutschland zu bilden. Aber es hilft alles nix, nach Hause kommen muss ich irgendwie. Das gelingt mir dann auch nach rund 3.28 Std., als Finishergeschenk gibt‘s dann gleich ne Dauerkarte auf der Sanitäranlage.

Nach dem Frühstücksbuffet war nun also die 2. Schlacht des Tages geschlagen, doch die Größte sollte noch folgen. Zwei Stunden Autofahrt standen noch bevor. „Gott sei Dank“ hatte ich mein Frauchen dabei, die diesen Job übernahm. Wie es dann auch immer so ist, wenn man es eilig hat, gab‘s auch gleich noch ne Vollsperrung der Straße mit Umleitung. Auf dem Weg zum Auto hatte ich in einem Restaurant noch ne Rolle Klopapier geklaut. Aktuell gibt es 2-3 Parkbuchten rund um den Feldberg, die ihr die nächsten 14 Tage besser meiden solltet.

Aber auch dieser Tag ging vorbei und heute, während ich diesen Beitrag schreibe, geht es mir schon deutlich besser und es ist Zeit, ein erstes Saison-Fazit zu ziehen.

 

Die Saison begann mit dem Eggbergmarathon (zu lesen im Beitrag „Für die Dinosaurier“), hier schaffte ich bei meiner 4. Teilnahme zum ersten Mal den Sprung in die Top 10 meiner Altersklasse. Es folgte die Schönbuch Trophy, bei der mir der nötige Punch fehlte. Trotzdem schaffte ich noch einen Platz in den Top 20, was immer noch besser war als jede Platzierung aus dem Vorjahr. Nach einem verkackten Leistungstest und einer Zwangspause schaffte ich in Waldhaus wieder den Sprung in die Top 10 (Platz 9). Das Saisonhighlight fand dann am 3. Juni mit der 12H WM statt. Mit Platz 4 überraschte mich selbst und auch heute wirkt der Gedanke, 12 Stunden auf dem Rad zu sitzen, immer noch arg befremdlich. Mit dem Speed-Track in Kirchzarten verfehlte ich das Podest knapp, Platz 4 steht hier zu buche. Und auch wenn der Hegau Bike Marathon eine Qual war, verbesserte ich mich im Vergleich zum Vorjahr um 14 Plätze mit Platz 20 in de Masters1-Klasse

Somit lautet die bisherige Bilanz:

 

Masters1

 

2 x Top5

2 xTop10

2 xTop20

 

Nun verbanne ich das Rad für zwei Wochen in die Ecke. Körper und Geist sollen regenerieren, am 30.7. erfolgt dann der Wiedereinstieg bei der Trace Vosgienne, meinem Lieblingsrennen.

 

 

 

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Diesen Beitrag beende ich mit einem Zitat von Daniela Katzenberger:

 

„Man muss zwei Dinge im Leben: sterben & kacken“.

 

Happy ride

 

Euer

 

Daniel